Der Jugendstil ist eine kunstgeschichtliche Epoche um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Weitere Bezeichnungen sind art nouveau, Modern Style, Modernisme, Stile Liberty, Reformstil oder Wiener Secession; in Russland Stil Modern und in Frankreich wurde auch der Begriff Fin de siècle verwendet.
Der Begriff ist nur im deutschsprachigen Raum, den Niederlanden, den nordischen Ländern und in Lettland in Gebrauch, so benannt nach der 1896 gegründeten Münchner illustrierten Kulturzeitschrift Jugend. Dabei ist dieser Begriff in seinem heutigen relativ wertfreien Sinne durch die spätere kunstgeschichtliche Rezeptionsliteratur geprägt worden. Beim Aufkommen des Begriffs um 1901 wird der Jugend- und Secessionsstil in den einschlägigen Zeitschriften (Dekorative Kunst, Autoren: Hermann Muthesius, Julius Meier-Graefe) als kritisches Etikett für die modische Popularisierung und die dabei als karikierend empfundene Nachahmung der neuen Formen in den (Einzel-)Werken von Künstlern wie etwa Henry van de Velde durch die Industrie mit ihrer („billigen“) kunstgewerblichen Massenproduktion verwendet.
Äußerlich kennzeichnende Teile oder Elemente des Jugendstils sind dekorativ geschwungene Linien sowie flächenhafte florale Ornamente und die Aufgabe von Symmetrien.
Bei solchen formalen Klassifizierungen darf allerdings nicht übersehen werden, dass der Jugendstil keineswegs eine so geschlossene Bewegung war, wie die Bezeichnung "Jugendstil" heute bei uns den Anschein erwecken mag. Es handelt sich um eine Reihe von teilweise auch sehr divergierenden Strömungen innerhalb Europas, die sich allenfalls in der Abkehr vom Historismus wirklich einig waren, also der Ablehnung der bis dato gängigen Praxis der Nachahmung historisch überlieferter Formvorbilder.
Mit dem Jugendstil verbinden sich zahlreiche künstlerische Programme und Manifeste. Er steht im heutigen Verständnis unter anderem auch für große gesamtkünstlerische Gestaltungen, wie etwa dem Palais Stoclet in Brüssel, in der alles vom äußeren Bauwerk bis zur dekorativen Innenausstattung im einheitlichen Sinne durchgestaltet wurde. Damit wurde auch die Forderung nach der großen Verschmelzung von „Kunst und Leben“ verknüpft, der Wiedereinbeziehung der Kunst in das Alltägliche, im Sinne einer umfassenden künstlerischen Neugestaltung aller alltäglichen Dinge, wobei den dekorativen Künsten ein ganz besonderes Gewicht zukam. In diesem Punkt knüpfte der Jugendstil allerdings an den Historismus an, der bereits das „Gesamtkunstwerk“ zum Programm erhoben hatte. Zugleich war dies der programmatische Gegenentwurf zur Abgehobenheit und Abgesondertheit auratischer Kunstwerke in der reinen Sphäre der so genannten „hohen“ oder „Bildenden Kunst“.
Zur Programmatik des Jugendstils gehörte aber auch die Forderung nach Funktionalität und Ausdruck der Funktion in der Erscheinung der Dinge, dass also die Funktionen eines Gebäudes auch dessen Gestaltung sichtbar bestimmen sollte. So beispielsweise sollten die Fassaden nicht länger symmetrisch und von axialen Aufteilungen bestimmt sein müssen, sondern einer aus dem Grundriss entwickelten Raumvorstellung folgen dürfen. Insgesamt gehört die Abkehr von den historischen Bauformen und die intensive Suche nach neuen dekorativen Gestaltungsmöglichkeiten in Architektur und Kunstgewerbe zum erklärten Programm vieler Künstler des Jugendstils. Eine der zentralen Fragen des Jugendstils war in gewisser Weiterführung der Stildebatten des 19. Jahrhunderts die Frage nach dem so genannten „modernen“ Stil, dem „Stil unserer eigenen Zeit“.